Emotionales Essen: Wenn Gefühle Hunger erzeugen

Emotionales Essen

Kaum die Augen aufgemacht, schon geht es los mit dem Stress. Der Partner braucht ewig im Bad und blockiert alles. Dabei bist du doch ausgerechnet heute spät dran. Auf der Arbeit geht es gerade so weiter. Der Kunde zickt herum, dem Kollegen ist heute auch nichts gebacken. Vor lauter Frust reist du dir erst mal eine Tüte Gummibärchen auf. Du isst nicht, weil du Hunger hast, sondern weil du dies gerade als Seelentröster brauchst – so was nennt sich emotionales Essen. Und schon sind wir beim Thema.

Was unterscheidet emotionalen von körperlichem Hunger?

Körperlicher Hunger

Was passiert, wenn du echten Hunger hast? Dein Magen ist leer und knurrt, dir wird es leicht übel, du wirst zittrig, dein Körper braucht etwas zu essen. Oft bist du dann auch unkonzentriert und reizbar. Meistens ist es dann schon eine Weile her, seit du das letzte Mal etwas gegessen hast. Das heißt, Hunger entsteht nicht von einer Sekunde auf die andere, sondern er wächst mit der Zeit. Wenn du Hunger hast, bist du auch nicht „schnäkisch“, sondern du isst das, was gerade da ist. Du hast also keinen Appetit auf irgendetwas Bestimmtes, sondern du brauchst definitiv einfach nur etwas zum Essen. Körperlicher Hunger kann also durch Essen gestillt werden.

Emotionaler Hunger

Beim emotionalen Hunger ist das anders. Es geht nicht darum, was dein Körper braucht, sondern was deine Seele braucht. Du isst, obwohl du gar keinen Hunger hast. Dies entwickelt sich auch nicht so wie beim körperlichen Hunger. Emotionaler Hunger kommt schnell. Sehr schnell. Und meistens hast du ein Verlangen nach bestimmten Dingen. In der Regel sind es Süßigkeiten oder etwas Fettes. Wenn du das isst, fühlst du dich sofort besser. Das ist ähnlich, wie wenn du einem schreienden Säugling seinen Schnuller gibst. Sofort ist Ruhe. Du denkst auch nicht groß darüber nach. Du isst einfach. Das böse Erwachen kommt meistens erst hinterher. Die Schokolade ist weg, aber das miese Gefühl kommt nach kurzer Zeit wieder zurück. Und du hast zusätzlich noch ein schlechtes Gewissen, weil du unnötig Essen in dich hineingestopft hast. Wenn das allzu oft vorkommt, macht sich das zusätzlich auch noch auf deiner Waage bemerkbar. Und mit zu viel Zucker kannst du dir auch deinen Darm kaputt machen. So ist es bei emotionalem Essen.

heimlich essen

Wodurch entsteht emotionaler Hunger?

Emotionaler Hunger kann durch ganz unterschiedliche Gründe ausgelöst werden. Bei jedem Menschen ist es anders. Du kannst nur auf einen Auslöser getriggert sein oder aber auch auf verschiedene. Hier die gängigsten Auslöser:

  • Stress
  • Ärger, Wut
  • Traurigkeit
  • Unsicherheit
  • Langeweile
  • Einsamkeit
  • Überforderung
  • Unzufriedenheit

Hier wird ein Mangelgefühl durch Essen kompensiert. Wenn du ein Stressesser bist, versuchst du deinen Stress damit zu „verdauen“. Wenn du traurig bist, holst du dir über Essen deine Glücksgefühle. Und wenn du dich einsam fühlst, dann übernimmt Essen die Funktion des Seelentrösters.

Oftmals wurde dir dieses Verhalten bereits als Kind anerzogen. Denke mal zurück an deine Kindheit. Wenn du etwas besonders gut gemacht hast, gab es dann auch mal Schokolade zur Belohnung? Oder wenn du mal wieder nicht in einen Sack zu kriegen warst, kam dann nicht die Aussage: „Wenn du jetzt nicht brav bist, bekommst du keinen Nachtisch.“? Und dieses Verhalten wird von Generation zu Generation weitergegeben.

Also ist es ja eigentlich kein Wunder, dass du so reagierst. Es kommt zum sogenannten „Überessen“. Essen ist quasi deine automatische Antwort, dein Autopilot, auf alles, was dich belastet, dir Sorgen bereitet oder dich ängstigt. Dieser Mechanismus greift ebenso bei Langeweile, Frust, Liebeskummer oder Traurigkeit.

Dies kann so weit gehen, dass schon der kleinste Stressreiz ausreicht, um dich wieder nach Süßem, oder auch etwas Herzhaftem wie Käse, greifen zu lassen. Du isst unkontrolliert.

Meistens ärgerst du dich hinterher über dich selbst. Die Schokolade ist weg, aber das Problem, das Ärgernis, ist immer noch da. Du denkst, dass du wieder schwach geworden bist und keine Disziplin hast. Aber so ist das nicht. Das liegt oft schlicht und einfach daran, dass du darauf konditioniert worden bist.

Essen löst also nicht dein Problem, sondern du unterdrückst damit deine Gefühle. Und schaffst dir durch das Übermaß an (ungesundem) Essen noch zusätzliche Problem.

Tipp: Emotionales Essen beruht oft auf Unzufriedenheit mit bestimmten Lebenssituationen. Finde mit dem „Emotionalen Lebensrad“ heraus, an welchen Stellschrauben du unbedingt drehen solltest. Hier kannst du es dir holen: Emotionales Lebensrad.

Warum „essen“ wir unsere Emotionen?

Warum „essen“ wir unsere Emotionen?

Wahrscheinlich haben wir alle schon mal unsere Emotionen „gegessen“. Ich auch. Früher sogar sehr viel. Vor allem, wenn ich das Gefühl hatte, unter Druck zu stehen. Oder wenn mir einfach alles zu viel wurde. Dann war der Griff zur Schokolade der vermeintlich einfache Weg. Als ich meine Masterarbeit geschrieben hatte, stand ich beispielsweise ziemlich unter Druck. Neben meinem Laptop lag immer ein Stapel Schokolade. In dieser Zeit nahm ich auch zehn Kilo zu. Und meinem Darm ging es auch nicht wirklich gut. Der wurde gleich doppelt belastet: durch den Stress und den vielen Zucker.

Es gibt zwei Arten, wie mit unerwünschten oder schlechten Emotionen oft umgegangen wird:

  • Du „schluckst“ deine Emotionen hinunter.
  • Oder du versuchst, sie mit Essen zu beruhigen.

Beides ist keine Dauerlösung. Viel besser ist es, deine Emotionen zu ergründen und an den bestehenden Verhaltensmustern zu arbeiten.

Ich bin von Sternzeichen Löwe. Mir liegt es nicht, zu schlucken. Ich tue gerne kund, was mir gerade nicht passt, und dann ist es auch wieder gut. So nach dem Motto: Gut gebrüllt, Löwe! Früher, in jungen Jahren, hatte ich auch einiges geschluckt. Aber Schlucken tut keinem gut. Der nicht aufgelöste Konflikt setzt sich in dir fest und kann zu ganz anderen gesundheitlichen Problemen führen. Eine relativ „harmlose“ Folge kann beispielsweise ein Reizdarm sein.

Wenn du deine Emotionen mit Essen beruhigen möchtest, dann stelle dir folgende Situation vor: Du hast dir ein Bein gebrochen und landest im Krankenhaus. Anstatt dein Bein zu behandeln, gibt dir der Arzt ständig Schmerzmittel. Dann tut dir dein Bein zeitweise nicht weh, aber das eigentliche Problem, nämlich der Beinbruch, wird dadurch nicht behoben. Und dein Bein kann nicht richtig verheilen. Genauso verhält es sich auch mit emotionalem Essen. Deine Emotionen werden gedeckelt, aber nicht wirklich angeschaut und wahrgenommen.

Deswegen stelle dir in solch einer Situation immer die Frage, warum du gerade isst. Erkenne deinen Auslöser. Und wenn du dir dessen bewusst bist, schafft es deine innere Stimme nicht, dich schon wieder zum Kühlschrank oder zur Schokolade zu locken. Ab jetzt übernimmst du die Kontrolle.

3 Tipps, wie du leichter damit umgehen kannst

Tipp 1: Schaffe dir eine Alternative

Nehmen wir folgendes Beispiel: Du fühlst dich gestresst, unter Druck, überfordert oder wütend. Anstatt zu essen, wäre es nun wichtig, Adrenalin abzubauen. Du könntest einen flotten Spaziergang machen, joggen gehen, laut singen oder schreien, wild tanzen. Wenn du bei der Arbeit bist, flitze ein paar Treppen rauf und runter oder gehe einmal flott um den Block.

Wenn du traurig bist, dir langweilig ist oder du dich gerade einsam fühlst – lenke dich ab. Ruf eine Freundin an. Schreibe dir alles von der Seele, am besten in dein Tagebuch. Mache etwas, was dir guttut: basteln, malen, musizieren, Yoga.

Tipp 2: Lerne, dich zu entspannen

Entspannung

Anstatt deine Gefühle zu unterdrücken, lerne, damit umzugehen. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass verschiedene Entspannungsmethoden sehr hilfreich sind. Hierbei kannst du zwischen kurzfristigen und langfristigen unterscheiden.

Langfristig bedeutet, dass du eine oder mehrere Entspannungstechniken lernst. Dies dauert oft mehrere Wochen, bis du diese beherrschst. Sie sind danach aber jederzeit und überall einsetzbar. Und nehmen nicht viel Zeit in Anspruch. Wenn du zum Beispiel Autogenes Training gelernt hast, reichen dir drei Minuten, um dich runterzufahren und deinen Stress abzubauen.

Kurzfristige Entspannungsübungen kannst du ganz schnell lernen. Dazu gehören beispielsweise verschiedene Atemtechniken oder Konzentrationsübungen. Sie helfen dir dabei, schnell aus der Situation herauszukommen und dich neu zu sortieren. Dadurch bekommst du einen anderen Blickwinkel und die Situation wird hiermit oft entschärft.

Tipp: Eine der effektivsten Entspannungstechniken überhaupt ist Autogenes Training. Lerne in meinem 8-wöchigen-Online-Selbstlernkurs diese Methode ganz entspannt zuhause. Hier kannst du ihn dir holen: Autogenes Training.

Tipp 3: Emotionalen Hunger gesund stillen

Emotionales Essen ablegen ist für manche ähnlich wie eine Raucherentwöhnung: Es wird eine andere orale Befriedigung benötigt. Raucher haben das Problem, dass sie statt zur Zigarette dann oft zu Süßigkeiten greifen. Deswegen nehmen auch viele ohne gute Betreuung während einer Raucherentwöhnung zu.

Beim emotionalen Essen kannst du auf andere Lebensmittel ausweichen. Das ist keine Dauerlösung, aber ab und zu eine gute Alternative. Wenn du also merkst, dass dein Gehirn dir wieder zuflüstert: Iss was, iss was! Dann greife beispielsweise nicht auf normale Schokolade zurück, sondern versuche es mal mit Bitterschokolade. Du wirst merken, dass du davon gar nicht viel brauchst. Und sie ist deutlich gesünder als normale Schokolade.

Es können auch gerne Nüsse sein. Zwar haben diese auch viele Kalorien, jedoch einen hohen Gehalt an wertvollen Fettsäuren, welche dein Körper gut gebrauchen kann.

Wenn du Zeit hast, dann iss als erstens beispielsweise eine Scheibe Käse, um das erste Verlangen zu stillen. Und dann koche dir etwas Leckeres und Wertvolles. Gerne auch noch einen zuckerfreien Nachtisch. Und genieße dieses Essen ganz bewusst. Du machst es nicht nebenbei und ohne es wirklich zu bemerken. Ganz im Gegenteil. Achtsam, bewusst, wertschätzend.

Leseempfehlung: Ich liebe mein Spekulatius-Tiramisu – im Sommer wie im Winter. Vielleicht wäre das ja auch ein toller Nachtisch für dich: Rezept: Spekulatius-Tiramisu

Fazit

Emotionales Essen ist eine ähnliche Sucht wie Zuckersucht. Es ist schwer, diesen Kreislauf wieder zu durchbrechen. Vor allen Dingen deswegen, da es meistens schon seit Jahren praktiziert wird. Zusätzlich musst du dich jeden Tag damit auseinandersetzen. Denn Essen allgemein kannst du nicht aus dem Weg gehen. Du kannst es nicht weglassen und musst dich immer wieder damit auseinandersetzen. Bestimmte Strategien helfen dir dabei, leichter damit umzugehen.

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Liebe Grüsse, Silvia

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Bildnachweis:

  • Titelbild: Depositphotos, dragana.stock@gmail.com, ID 186083880
  • am Überlegen + beim Entspannen: eigenes Bild
  • Süßes aus dem Kühlschrank: Depositphotos, AndreyPopov, ID 137850760

10 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Silvia,

    klar kenne ich diesen emotionalen Hunger. Bei mir ist es so eine Art Langeweile. Meistens, wenn ich eine nervige Arbeit im Job zu erledigen habe. Zu der ich mich auch noch konzentrieren und regelrecht zwingen muss.

    Dann schreit mein Geist: Essen. Dabei ist es fast egal, was ich esse. Allein das Kauen tut mir gut. Manchmal esse ich dann Nüsse. Aber die muss ich mir zuteilen. Am besten klappt es, wenn ich rohes Gemüse mit habe. Möhren oder Kohlrabi zum Beispiel.

    Abends ist mein zweiter Schwachpunkt der Fernseher. Manchmal klappt es ohne Nüsse oder Schoki. Aber ganz oft auch nicht. Entweder gehe ich dann gleich ins Bett. Oder ich teile mir auch hier die Schokolade zu.

    Wenn ich aufpasse, ist das in Ordnung. Aber wenn ich mich ausgelaugt und müde fühle, wird aus dem Riegel Schokolade gern mal eine halbe Tafel. Und das merke ich sofort am nächsten Tag auf der Waage.

    Das ärgert mich. Und trotzdem schaffe ich es oft nicht, es zu lassen. Zum Glück bin ich Läuferin. Das kompensiert meine Schwächen hervorragend.

    Ich werde mir deine Strategien mal durchlesen, vielleicht hast du ja einen super Tipp für mich.

    Ansonsten gilt für mich: Man sollte sich auch mal was (Süßes) gönnen.

    Liebe Grüße
    Andrea

    • Liebe Andrea,
      ja, die Verlockung ist manchmal sehr groß. Am Schlimmsten ist dann das „nebenbei“ essen. Durch meine Umstellung auf Keto hat sich das für mich zu 95% erledigt. Manchmal falle ich auch in alte Muster zurück. Aber Gott sei Dank nur noch ganz selten. Ansonsten gönne ich mir auch ganz bewusst etwas Süßes.
      Laufen ist eine tolle Sache. Wenn man so fleißig ist wie du, kann man auch viel kompensieren.
      Danke, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast.
      Liebe Grüsse, Silvia

  2. Ein wirklich gelungener Beitrag, liebe Silvia.
    Emotionalen Hunger kenne ich sehr gut. Wie du geschrieben hast, wurden die Weichen bereits in der Kindheit gelegt. Ich halte mittlerweile wirklich immer inne und frage mich, ob es wirklich Hunger ist. Oft finde ich allein durch die Frage heraus, dass mir gerade etwas ganz anderes fehlt.
    Ein sehr wichtiges Thema. Ich hoffe, dass viele Betroffene ihn finden und lesen.
    Alles Liebe, Sandra

    • Liebe Sandra,
      vielen lieben Dank! Du hast hier auch einen ganz wichtigen Punkt angesprochen: die Achtsamkeit. Beim achtsamen Essen wird einem oftmals bewusst, warum man eigentlich isst. Und dann etwas daran ändern.
      Liebe Grüsse, Silvia

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