Authentizität in meinem Job

Cheeseburger

Ich liebe schon seit fast 40 Jahren Cheeseburger. Ich kann davon einfach nicht genug bekommen. Drei bis vier Stück packe ich dann schon. Bin ich deswegen eine schlechte Ernährungsberaterin? Ich glaube nicht.

Mir ist einfach nur wichtig, dass ich ICH bin. Dass ich authentisch bin. Mein Herz schlägt nun mal für Cheeseburger. Das heißt aber nicht, dass ich sie deswegen jede Woche esse. Ehrlich gesagt habe ich schon seit über einem Jahr keinen mehr gegessen. Aber ich freue mich riesig darauf, wenn sich endlich mal wieder die Gelegenheit ergibt. Gesund hin oder her.

Was bedeutet Authentizität?

Das Wort Authentizität kommt aus dem Griechischen. Es bedeutet so viel wie „man selbst zu sein“.

Gerne wird es auch als Synonym für Echtheit, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit beziehungsweise Verlässlichkeit genommen. Mit dem Wort „Echtheit“ gehe ich ja noch konform, aber mit den anderen? Wenn ich authentisch bin, bin ich dann auch wirklich glaubwürdig? Vielleicht bin ich ja eine notorische Lügnerin und du solltest mir besser gar nichts glauben. Wenn das meine wahre Natur ist, bin ich zwar echt, aber nicht glaubwürdig. Ähnlich ist es mit Zuverlässigkeit bzw. Verlässlichkeit. Also steht für mich fest: Authentizität steht für Echtheit. Nicht mehr und nicht weniger. Was sich hinter dieser Echtheit versteckt, ist etwas ganz anders. Davon dürfen wir uns dann alle überraschen lassen.

Allerdings könnte ich das Ganze auch umdrehen: Meine Echtheit wirkt glaubwürdig, wenn ich mich so gebe, wie ich auch tatsächlich bin. Das heißt, nicht ich wirke glaubwürdig, sondern meine Echtheit. Welch Wortspielerei!

Dann gibt es noch den Spruch: „Auf Echtheit geprüft und als Original befunden.“ Jeder Mensch ist ein Original. Nur wenn wir uns verstellen, werden wir zu einer Kopie von jemand anderem. Dann sind wir nicht mehr echt, nicht mehr authentisch.

Wer authentisch ist, darf auch mal schwach werden

Schwarzwälder Kirschtorte
Schwarzwälder Kirschtorte

Als Ernährungsberaterin und Heilpraktikerin dreht sich bei mir alles ums Essen. Und um die dazugehörige Gesundheit. Aber manchmal pfeife auch ich auf die Gesundheit. Manchmal muss es einfach richtige Schokolade sein. Das geht auch bei ketogener Ernährung. Das ist meine Ernährungsform, nach der ich mich seit Januar 2020 richte.

Schokolade war schon immer meine Schwäche. Das wurde irgendwann so heftig, dass ich zum absoluten Zucker-Junkie mutiert bin. Das war keine schöne Zeit. Aber ich habe den „Entzug“ geschafft. Heute bestimme ich über die Schokolade und nicht mehr sie über mich.

Kleine Schwächen sind erlaubt. Deswegen gönne ich mir auch mal einen Granatsplitter, einen Nougatring oder ein Stück Schwarzwälderkirschtorte. Diese liebe ich nämlich sehr. Wichtig ist, dass dem gegenüber auch viele Stärken stehen, essenstechnisch gesehen. Ich liebe beispielsweise Gemüse und Salat. Davon verputze ich jeden Tag eine Riesenmenge. Sehr oft püriert, verfeinert mit Kräutern und gerösteten Sonnenblumenkernen.

Meine Patientinnen dürfen alles essen – die Gewichtung verschiebt sich nur. Sowohl beim Essen als auch beim Körpergewicht. 😉

„Du hast dich aber verändert.“

Bedeutet authentisch sein, dass du immer so bleibst, wie du schon immer warst? Bestimmt wurde dir auch schon mal gesagt, dass du dich ganz schön verändert hast. Das ist normal. Authentisch sein bedeutet nicht, sich nicht zu verändern. Es bedeutet einfach nur, dass dein verändertes Denken und Handeln immer noch deiner Überzeugung entspringt. So etwas nennt sich Entwicklung.

Bleiben wir mal beim Essen. Hast du vor zehn, zwanzig oder gar dreißig Jahren das gleiche Essen gemocht wie heute? Oder haben sich deine Gelüste und Geschmäcker inzwischen teilweise verändert? Meine Mutter ist immer wieder verwundert, was ich heutzutage esse beziehungsweise nicht mehr esse. Dann kommt auch mal die Aussage: „Aber das hast du doch früher so gerne gegessen.“ Ja, richtig, aber heute eben nicht mehr.

Dadurch, dass sich unsere Körperzellen ständig erneuern, haben wir quasi alle sieben bis zehn Jahre einen (fast) neuen Körper. Wenn sich sogar unser ganzer Körper verändert, warum soll sich nicht auch unsere Essgewohnheiten verändern?

Wer bestimmt, wer ich bin?

Wenn ich nun ICH sein möchte, was ist mit äußeren Einflüssen, Denkweisen und Normen? Wird mein eigenes Handeln davon nicht bestimmt oder zumindest beeinflusst? Ich würde sagen, das kommt auf einen selbst an. Ich war schon immer eine kleine Rebellin. Während der Schulzeit stand ich immer sehr gerne in der Raucherecke – mit einem Apfel. (Ja, damals habe ich tatsächlich noch Obst gegessen.)

Was ich damit sagen will, ist, dass es deine Entscheidung ist, in wieweit du dich von anderen dirigieren lässt.

Wenn du mit Freundinnen ausgehst und jede von ihnen isst einen Teller Pasta und nur du lieber Fisch mit Salat: Haben die anderen dann das bessere Gericht gewählt? Heißt das, was alle machen, musst du auch machen? Wie stark bist du, anders zu sein? Wenn du Pasta essen möchtest, dann mach‘ das. Wenn du aber keinen Bock darauf hast, dann lass‘ es sein und wähle das Gericht, nach dem es dich gerade verlangt.

Was ist mit Kompromissen?

Auch in der Ernährung sind Kompromisse erlaubt, sogar gewünscht. Du sollst niemals das Gefühl haben, auf etwas verzichten zu müssen. Manchmal ist es jedoch sinnvoll, kleine Kompromisse einzugehen. So handhabe ich es mit meinen Süßigkeiten. Maximal einmal die Woche gönne ich mir etwas Süßes, wenn ich gerade Lust darauf habe. Ansonsten ist es von meinem Speiseplan gestrichen.

Stelle dir vor, was wäre, wenn ich mir die Süßigkeiten komplett verbieten würde. Ich könnte ja an nichts Anderes mehr denken. Aber so ist es für mich zur Normalität geworden, dass ich nur noch ab und zu etwas Süßes esse.

Ich frage beispielsweise auch meine Patientinnen immer, auf welche Lebensmittel sie auf keinen Fall verzichten wollen. Dann kann ich schauen, wie das in die (zukünftige) Ernährungsweise hineinpasst.

Kompromisse sind dazu da, das gesunde mit dem weniger gesunden Essen in Balance zu bringen. Auch dann bist du immer noch authentisch.

„Ich bin halt so.“

Hast du das auch schon mal als Entschuldigung beziehungsweise als Ausrede genommen? Weil ich so bin, wie ich bin, muss ich gleich zehn Mohrenköpfe auf einmal essen. Oder fünf Stück Kuchen essen. Oder nach der Pizza noch eine Packung Eis essen. Bist das wirklich du? Deine Authentizität? Oder dient dir diese Aussage eben nur gerade zum Zweck?

Tja, und dann gibt es beispielsweise bei Adipositas ja noch die Genetik. Die muss bei meinen Patientinnen auch manchmal als Ausrede herhalten. Den Zahn muss ich dann leider immer ganz schnell ziehen. Denn Genetik ist nur zu einem winzigen Prozentsatz dafür verantwortlich. Der Rest liegt tatsächlich an einem selbst. Das Positive daran ist: Du kannst jederzeit alles verändern. Du hast die Macht!

Andere wertschätzen

Nun zum letzten Punkt. Jeder Mensch denkt und fühlt anders. Demgemäß handelt auch jeder anders. Die Kunst besteht darin, den Anderen in seiner eigenen Echtheit anzunehmen. Ihn mit seinen eigenen Werten und Überzeugungen wertzuschätzen.

Ich würde beispielsweise nie einem Vegetarier nahelegen, sich von Fleisch zu ernähren. Ich respektiere dessen Entscheidung. Das Gleiche erwarte ich jedoch auch umgekehrt.

In meiner Praxis und für mich selbst hat sich die ketogene Ernährung bei bestimmten Krankheitsbildern bewährt. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass ich all meinen Patientinnen Keto empfehle. Manchmal passt das nämlich gar nicht. Dann muss einfach etwas Anderes her. Mir liegen das Wohlergehen und die Gesundheit meiner Patientinnen am Herzen. Nur darauf kommt es an.

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Ich bin gespannt, wie dir dieser Artikel gefallen hat und würde mich sehr über einen Kommentar von dir freuen.

Liebe Grüsse, Silvia

PS: Mein Anlass, diesen Blogartikel zu schreiben, war die Einladung von Rosa Pessl zu ihrer Blogparade. Hier kannst du weitere Blogartikel zum Thema Authentizität lesen: #authentischsein

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  • Titelbild: Depositphotos, cookelma, ID 110220132
  • Schwarzwälder: Depositphotos, lola 19, ID 349012520

1 Kommentar » Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Silvia, es tut so gut zu hören, dass man sich nicht kasteien muss, um abzunehmen. UND das auch eine Ernährungsberaterin nicht über all den Dingen steht, sondern sich auch mal einen Cheesburger oder mal was Süßes gönnt. Danke dafür :). LG Rosa

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